Vor 110 Jahren, am 30. Oktober 1898, wurde in Guben auf dem Marktplatz vor der Stadt- und Hauptkirche das Zweikaiserdenkmal für Wilhelm I. und Friedrich III., seinen ältesten Sohn, eingeweiht. Es war ein bewegender Tag mit einem ausgedehnten Umzug und festlichen Ansprachen.
Solche Ereignisse waren im Kaiserreich nicht selten.
Man denke an die Siegessäule in Berlin (1873),
das Deutsche Eck in Koblenz (1897),
das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig (1913) oder
den Bismarckturm in Guben (1908).
Das Gubener Denkmal, in der Funktion eines Brunnens angelegt, wurde vom Berliner Architekten Paul Krieschke geschaffen und hatte eine Gesamthöhe von 18,6 Metern. Als Materialien fanden Granit aus dem Fichtelgebirge, polierfähiges Syenit (Tiefengestein), roter Mainsandstein sowie verschiedene Metalle für die figurale Gestaltung Verwendung.
Nach dem Jahr 1935 wurde die Anlage wieder abgetragen.
Anlass für die Errichtung war der 10. Todestag von Wilhelm I., Mitbegründer des Deutschen Reiches von 1871 und seines Sohnes Friedrich III., der im selben Jahr, 1888, einem Krebsleiden erlegen war. Zugleich bestieg der erst 29-jährige
Wilhelm II. den Thron, sodass der Begriff „Dreikaiserjahr“ in die deutsche Geschichte eingehen sollte.
Den Tag der Einweihung beschrieb die „Gubener Zeitung“ detailliert in einem achtspaltigen Beitrag, eingeleitet von einem Gedicht des reichstreuen Lyrikers Ernst von Wildenbruch über „Deutschlands grosse Zeit“, geprägt von „Königen und Helden“. Entsprechend wurde der Festzug, der sich von der Bahnhofstrasse (heute Berliner Strasse) zum Marktplatz bewegte, von 46 Kriegervereinen aus Stadt und Land angeführt. Es folgten die Schützenvereine, die oberen Klassen des Gymnasiums und danach die Gesangsvereine Liederkranz, Harmonie, Germania, Gesangsverein Sprucke, Deutsche Eiche und Borussia. Vertreten waren ferner die Handwerksinnungen von den Bäckern bis zu den Schuhmachern, weitere Gubener Vereine und zum Schluss die Bergleute in ihren malerischen Trachten.
Die feierliche Eröffnung wurde vorgenommen vom Gubener Oberpfarrer D. Werner, der die Festrede des vormaligen Landrates Prinz Heinrich zu Schoenaich-Carolath folgte. Dieser erinnerte an die Schlachten von Königgraetz, von Spichern, Metz und Sedan, an die Rückkehr Elsass-Lothringens und sprach davon, „was deutsche Tapferkeit, deutsche Pflichttreue und freudige Hingabe bis auf den Tod vermag“.
Der Leser von heute vernimmt mit Betroffenheit die Töne von Deutschtümelei und Nationalismus, wie sie im Jahr 1914 und nach 1933 in verhängnisvoller Weise das Schicksal des deutschen Volkes bestimmen sollten. Niemand konnte allerdings ahnen, dass nach einem opferreichen Ersten Weltkrieg ein Zweiter folgen würde, von Hitlerdeutschland als Rassen- und Vernichtungskrieg geführt, dessen Folgen tiefe Spuren auch in Guben hinterliessen.
Wer heutzutage auf dem Marktplatz von Gubin steht, möge sich ein wenig daran erinnern.
Quelle:
von Gerhard Gunia
aus der Lausitzer Rundschau, vom 30. Oktober 2008
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